Der digitale Personalausweis und die Online-ID: Was kann er wirklich und wie sicher ist er?
Was ist der digitale Personalausweis?
Seit dem 1. November 2010 wird in Deutschland der neue Personalausweis im Scheckkartenformat ausgestellt. Dieser verfügt über einen integrierten RFID-Chip, der verschiedene digitale Funktionen ermöglicht. Eine zentrale Komponente ist die sogenannte Online-Ausweisfunktion, auch bekannt als eID-Funktion. Diese ermöglicht die digitale Identifikation gegenüber Unternehmen, Behörden oder Online-Dienstleistern – ganz ohne Vor-Ort-Termin.
Inzwischen lässt sich diese Funktion nicht nur über den Ausweis selbst, sondern auch via Smartphone und entsprechender App nutzen. Die AusweisApp2 vom Bundesministerium des Innern (BMI) ist dabei das zentrale Werkzeug, um den Ausweis am PC oder Smartphone auszulesen.
Wie funktioniert die Online-ID?
Die eID-Funktion basiert auf einem verschlüsselten Datenaustausch zwischen dem Chip im Ausweis und dem jeweiligen Online-Dienstleister. Zur Identifikation muss der Ausweis entweder per NFC-fähigem Smartphone oder mithilfe eines USB-Kartenlesers an ein Endgerät gehalten werden. Danach wird eine sechsstellige PIN eingegeben, um den Zugriff zu autorisieren.
Der Dienstanbieter – etwa ein Telekommunikationsunternehmen oder eine Krankenkasse – erhält dann nur die zuvor freigegebenen Daten, etwa Name, Adresse oder Geburtsdatum. Welche Daten freigegeben werden, entscheidet der Nutzer selbst.
Welche Funktionen bietet der digitale Personalausweis?
- Digitale Identifikation: Sichere Anmeldung bei Online-Diensten (Banking, Versicherung, Online-Shopping, eGovernment).
- Rechtsgültige Signaturen: In Verbindung mit einem qualifizierten Zertifikat kann der Ausweis auch zur elektronischen Signatur genutzt werden.
- Altersverifikation: Altersnachweis bei Online-Angeboten wie Glücksspiel oder Alkoholbestellung.
- Wohnsitznachweis: Automatisierte Übermittlung der aktuellen Adresse ohne Papierkram.
- eHealth-Zugang: In Zukunft soll auch der Zugriff auf Gesundheitsdaten über die eID möglich sein.
Wo kann ich den digitalen Ausweis einsetzen?
Aktuell ist die Online-ID bei vielen Behörden und Unternehmen einsetzbar, etwa:
- Bundesagentur für Arbeit – für Antragstellungen und Formulare
- Rentenversicherung – zur Abfrage von Versicherungsverläufen
- Telekom und Vodafone – zur Identitätsprüfung beim Vertragsabschluss
- Versicherungen – für Schadensmeldungen und Verträge
- Einwohnermeldeämter – zur digitalen Ummeldung
Der digitale Führerschein und die Integration in die Smartphone-Wallets sind ebenfalls in Arbeit und werden die Einsatzmöglichkeiten noch erweitern.
Vorteile der digitalen Identität
- Zeitersparnis: Kein Warten im Bürgeramt oder Postident-Verfahren
- Hohe Sicherheit: Datenübertragung ist Ende-zu-Ende-verschlüsselt
- Datensouveränität: Nutzer geben nur frei, was wirklich nötig ist
- Mobilität: Dank App auch unterwegs schnell einsatzbereit
- Komfort: Ein Login für viele Dienste – das nervige Passwortchaos entfällt
Wie sicher ist die eID wirklich?
Sicherheit steht im Zentrum des Systems. Der digitale Ausweis verwendet modernste Verschlüsselungstechnologien und ist damit eines der sichersten digitalen Identifikationssysteme weltweit. Die Kommunikation erfolgt über ein sogenanntes EAC-Protokoll (Extended Access Control), das nur zertifizierten Dienstleistern Zugriff gewährt.
Außerdem funktioniert die eID nur in Kombination mit der individuellen PIN. Selbst wenn der Ausweis gestohlen wird, kann niemand damit auf Daten zugreifen – solange die PIN geheim bleibt. Für zusätzliche Sicherheit sorgt die Transparenz bei der Datenfreigabe. Vor jeder Übertragung werden die anfragenden Datenpunkte angezeigt, und der Nutzer kann entscheiden, ob diese übermittelt werden sollen.
Kritik und Herausforderungen
Trotz der hohen Sicherheit und vieler Vorteile bleibt der digitale Personalausweis ein Nischenthema. Laut BMI haben zwar rund 70 Millionen Bürger einen Ausweis mit eID-Funktion – aber nur weniger als 10 % nutzen diese aktiv. Die Gründe dafür:
- Komplizierter Einstieg: Installation der App, PIN-Festlegung und erste Nutzung sind für viele abschreckend.
- Geringe Bekanntheit: Viele wissen schlicht nicht, was die eID kann oder wo sie sie einsetzen können.
- Technische Hürden: Nicht jedes Smartphone unterstützt die NFC-Funktion oder ist mit der App kompatibel.
- Vertrauensdefizit: Einige Bürger stehen der Speicherung persönlicher Daten auf einem Chip skeptisch gegenüber.
Online-ID in der Praxis: Ein Erfahrungsbericht
Wer die Hürden einmal überwunden hat, erlebt allerdings meist einen echten Komfortgewinn. Bei einem Wechsel zu einem neuen Mobilfunkanbieter etwa kann der Vertrag in wenigen Minuten abgeschlossen werden – ohne VideoIdent oder Postfiliale. Auch die Ummeldung beim Bürgeramt lässt sich in manchen Kommunen bereits digital erledigen, inklusive sofortiger Rückmeldung per E-Mail.
Wichtig: Der Einsatz hängt stark von der Akzeptanz durch Unternehmen und Behörden ab. Je mehr Dienste die eID unterstützen, desto attraktiver wird sie für Bürger.
Europäische Perspektive: Die EU-Digital-ID
Die Europäische Union plant mit der European Digital Identity Wallet eine einheitliche digitale Identität, die in allen Mitgliedsstaaten anerkannt wird. Deutschland wird mit seinem bestehenden System Teil dieser Infrastruktur sein. Die eID wird dann auch für Reisen, Führerscheine oder Universitätszugänge in Europa einsetzbar sein.
Die Einführung dieser EU-weiten Wallet ist für 2026 geplant – bis dahin soll die Integration nationaler Systeme wie der deutschen eID abgeschlossen sein. Für Nutzer heißt das: ein digitales Identitätssystem für ganz Europa.
Digitale Identität und Datenschutz: Ein Balanceakt
Die Digitalisierung persönlicher Identität erfordert eine neue Sichtweise auf Datenschutz. Die eID in Deutschland setzt hier hohe Standards – etwa durch die begrenzte Datenausgabe, die Pflicht zur Nutzerautorisierung und durch unabhängige Kontrollen.
Wichtig ist, dass Transparenz, Kontrolle und Zweckbindung gewahrt bleiben. Jeder Nutzer sollte wissen, welche Daten gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden. Nur so lässt sich das nötige Vertrauen schaffen, das digitale Identitäten langfristig brauchen.
Fazit: Große Chancen, aber noch Luft nach oben
Der digitale Personalausweis mit Online-ID-Funktion ist ein technologisch ausgereiftes Werkzeug für den digitalen Alltag. Er vereinfacht viele Prozesse, spart Zeit und bietet hohe Sicherheitsstandards. Doch der praktische Nutzen hängt stark von der Akzeptanz und Verbreitung ab – sowohl bei den Nutzern als auch bei den Dienstleistern.
Die nächsten Jahre werden entscheidend sein: Wird die eID zur Selbstverständlichkeit wie das Onlinebanking? Oder bleibt sie ein gut gemeintes, aber kaum genutztes Digitalprojekt? Um ersteres zu erreichen, braucht es mehr Aufklärung, Usability und konkrete Anwendungsfälle.
Mein Tipp: Wer seinen Ausweis ohnehin dabei hat, sollte die eID-Funktion aktivieren, die PIN setzen und die App ausprobieren – es lohnt sich!
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